Im letzten Beitrag ging es um die Herkunft und den Ursprung von Magie. Heute befassen wir uns mit der Benutzung von Magie.
Wenn es darum geht, Magie einzubauen, werden wir irgendwann mit der Frage konfrontiert, wie unsere Charaktere sie verwenden.
Hier eine unvollständige Liste (inklusive einiger Pro und Cons, weil ich einer guten Pro/Con-Liste nicht widerstehen kann):
Der Zauberstab
Zauberstäbe können äußerst praktisch sein und ihre Existenz ist durchaus logisch. Ein Zauberstab büdelt die magische Energie der Person, die ihn verwendet. Oftmals gibt es in zauberstabnutzenden Gemeinden aber auch einige, die für die Ausführung von Zaubern keinen Zauberstab mehr verwenden müssen. Dabei handelt es sich i.d.R. um sehr mächtige und/oder sehr fortgeschrittene Magische. Umgekehrt ist es eher ungewöhnlich, dass in magischen Gemeinden, die ohne Zauberstäbe praktizieren, es Magienutzende gibt, die einen Zauberstab verwenden.
Die Zusammensetzung und Herstellung eines Zauberstabs ist frei variabel. Von der klassischen Holzausführung bis hin zu Designs aus Silber, Glas oder sogar Diamant ist alles möglich.
Pro:
„Die Frage ist doch: Wenn ein Zauber schief geht, wollen wir lieber, dass ein Stück Holz explodiert, oder unsere Hände?“Con:
„Es ging schon so manches Hexenhaus in die Luft, weil beim Feueranmachen der Zauberstab versehentlich für Brennholz gehalten wurde.“
Offene Frage: Was genau macht einen Zauberstab so magisch?
Bei „Harry Potter“ besitzt jeder Zauberstab einen magischen Kern, der uns eine Erklärung liefert, warum dieses Stück Holz plötzlich all die Dinge machen kann, die ein reguläres Stück Holz nicht kann.
In unserer Geschichte muss es vielleicht nicht selbst inhärent magisch sein, es wird nur zur Bündelung der magischen Energie verwendet, wie eine Art Linse.
Andere Lösungsvorschläge sind: Runen/magische Symbole, die in den Zauberstab geritzt sind; besondere Zaubersprüche, die bei der Herstellung rezitiert wurden; im Stab eingeschlossene magische Kreatur; etc.
Offene Frage: Gibt es spezielle Zauberstabbewegungen?
Wie oft habe ich das „Wutschen und Wedeln“ zuhause vor dem Fernseher zusammen mit Harry, Ron und Hermine geübt (und trotzdem nichts zum Schweben gebracht …)?
Ob wir spezielle Zauberstabbewegungen einfügen, bleibt uns natürlich völlig frei überlassen. Ich glaube, es ist eine reine Geschmackssache, ob es sie in der eigenen Geschichte gibt oder nicht. Mir jedenfalls fallen keine Gründe ein, die explizit gegen, noch welche, die explizit für die Verwendung von Zauberstabbewegungen sprechen.
Weitere offene Fragen: Können Zauberstäbe zwischen Magienutzenden ausgetauscht werden? Gibt es Nebeneffekte beim Benutzen eines fremden Zauberstabs? Können nichtmagische Personen einen Zauberstab nutzen?
Die eigenen Hände
Bevor der magienutzende Mensch den Stock erfand, hatte er seine Hände.
Pro:
„Es kommt seltener vor, dass die eigenen Hände zuhause vergessen werden, als so ein olles Stöckchen.“Con:
„Solange niemand feuerfeste Finger erfindet, bevorzuge ich es, meine Kerzen mit Streichhölzern anzuzünden, vielen Dank.“
Offene Frage: Gibt es spezielle Handbewegungen?
Gerne untermalt die Gestik auch die auszuführende Handlung der Magie. Möchte ich jemandem einen Feuerball ins Gesicht schmettern, ahme ich die Bewegung natürlich auch nach und schleudere der Person meine Hand entgegen. Es ist tatsächlich organischer, als es nicht zu tun.
Natürlich können auch Handbewegungen verwendet werden, die nichts mit der Art der verwendeten Magie zu tun haben, wie eine Spirale mit dem rechten Finger zu zeigen, woraufhin mein Bügeleisen die Wäsche bügelt. Damit müssten die Handbewegungen erst einmal erlernt werden und wären nicht so intuitiv. In diesem Fall ist es, denke ich, wieder einmal Geschmackssache, ob Handbewegungen vorkommen oder nicht, und wenn ja, ob sie intuitiv sein sollen, oder erlernt werden müssen.
Weitere offene Fragen: Wie wichtig sind die Hände für den Gebrauch von Magie tatsächlich? Gibt es auch Magiepraktizierende, die keine Hände haben, oder ist die Magie in den Händen gespeichert und geht nach Verlust ebendieser verloren?
Der Zaubertrank
Zaubertränke sind insofern genial, weil sie nicht zwingend voraussetzen, dass wir in Allgemeinmagie versiert sein müssen. Zaubertränke bestehen aus Zutaten, die entweder bereits inhärent magische Eigenschaften besitzen, oder aber in Kombination mit den anderen Zutaten magische Eigenschaften erhalten. Zaubertrankkunde ist die Chemie unter den magischen Studien. Selbst eine nichtmagische Person in unserer Geschichte könnte in der Lage sein, nur anhand eines Rezepts wirkungsvolle Zaubertränke zu brauen.
Zudem sind viele Zaubertränke oft nur eine Weiterführung von tatsächlicher Naturheilkunde – wir können also unsere Zaubertränke auf existierenden (Natur-)Heilmitteln basieren.
Pro:
„Weil ich doch lieber etwas Handfestem traue, das ich sehen, fühlen, riechen, schmecken kann, als so einem Hokuspokus-Zauber-Tralala …“Con:
„Im entscheidenden Moment hast du dann genau die eine Tinktur Zuhause vergessen, die das Monster vernichtet hätte (und die, die du dabei hast, ist abgelaufen).“
Offene Frage: Wie legal sind Zaubertränke eigentlich?
Bei „Harry Potter“ werden in Scherzartikelläden bedenkenlos Liebestränke verkauft und an unwissende Mitschüler verabreicht, Wahrheitsserum ist alltäglich genug, um es an einer Schule zu haben, aber nicht, um es in einer offiziellen Anhörung den Befragten zu verabreichen.
Aber ist das alles auch wirklich legal?
V.a. Liebestränke finden einen reißenden Absatz in Liebesgeschichten. Hier ein Wässerchen, dort ein Tränklein, und schwupps, ist das Objekt der Begierte unsterblich in einen verliebt.
Und das soll romantisch sein? So ein Zeug ist schlimmer als sämtliche Partydrogen zusammen und schreit eindeutig nach Vergewaltigung.
Wenn wir Zaubertränke einführen, sollten wir dabei nicht vergessen, was diese machen. Klar – wenn unsere Magienutzende eher in gesetzlosen Gemeinschaften mit einer Mentalität a la „Everything Goes“ leben, warum sollte es dann nicht auch Liebestränke regnen, bis jeder mit jedem und wir ein größeres Liebeschaos haben, als sich Shakespeare je zu träumen gewagt hätte? Aber in einer funktionierenden, zivilisierten Gesellschaft (so richtig mit Gesetzen und Politik und Rechten und so) kommt es mir doch ein wenig suspekt vor, wenn es nicht irgendwelche Regulierungen für bewusstseinsverändernde Substanzen gibt – ganz besonders für die, die das Bewusstsein einer anderen Person verändern sollen.
Soll wirklich etwas, das wir in unserer nichtmagischen Gesellschaft heftigst an den Twitterpranger stellen und mit harten Strafen quittieren würden, bei Magienutzenden plötzlich legal sein …?
Weitere offene Fragen: Werden Zaubertränke allein mit natürlichen Zutaten (ja, Drachenblut und Einhornhaare zähle ich jetzt einfach mal dazu) hergestellt, oder benötigen sie das Aufsagen eines bestimmten Zauberspruchs o.ä.? Wie steht es mit der Verfügbarkeit einiger Zutaten? Wie legal sind die Zutaten und wie teuer? Wo bekommen wir unsere Zutaten her (Schwarzmarkt, privater Handel, eigene Herstellung/Züchtung/…)? Können Zaubertränke im Laden gekauft werden? Gibt es einen Unterschied zwischen gekauften und selbst hergestellten Zaubertränken?
Das magische Artefakt
Magische Artefakte haben einen hohen Individualisierungswert. Für jeden Charakter kann ein eigenes, individuelles Artefakt entwickelt werden, dass deren Persönlichkeit entspricht. Sie sind vielseitig, können alles Mögliche sein (von einem harmlos aussehenden Zopfgummi bis hin zu einem eindeutig schwarzmagischen Amulett) und sind ein wenig abwechslungsreicher als die klassischen Zauberstäbe.
Pro:
„Kein Artefakt ist wie das nächste. Sie sind unglaublich individuell.“
Con:
„Ein magisches Zopfgummi ist ja schön und gut, aber ich habe einen Pixiecut …“
Offene Frage: Wie genau funktionieren Artefakte?
In vielen Geschichten haben Artefakte meist nur eine einzige Funktion und helfen ihrem Träger oder ihrer Trägerin, genau eine bestimmte Sache zu tun (z.B. sich unsichtbar zu machen). Oder sie verwandeln ihren Träger oder ihre Trägerin in vollem Glanz und Gloria und mit toller Hintergrundmusik in ihr episches, magisches Alter Ego a la Sailor Moon, Miraculous Ladybug, W.I.T.C.H. und co. (ich liebe es!).
Etwas seltener finde ich Artefakte, die tatsächlich wie Zauberstäbe funktionieren und die magischen Kräfte ihres Trägers oder ihrer Trägerin bündeln und somit in der Lage sind, jeden beliebigen Zauber auszuführen.
Welche Eigenschaften Artefakte in unserer Geschichte haben, hängt ein wenig von der Geschichte ab, die wir schreiben. Meist in von Vornherein klar, welche Fähigkeiten sie ihrem Träger oder ihrer Trägerin verleihen, manchmal erfahren wir es erst im Laufe des Schreibprozesses. Artefakte haben jedenfalls ein hohes Potential als Plottwists oder plottreibende Elemente, wenn sie sich z.B. weiterentwickeln, oder herauskommt, dass sie völlig versteckte, ungeahnte, den Lauf der Dinge vollkommen verändernde Fähigkeiten haben.
Fazit: Artefakte können entweder Objekte sein, die nur eine einzige Art von Zauber ermöglichen (z.B. Unsichtbarkeit) oder sie können wie Zauberstäbe funktionieren. Also statt bei Ollivanders mehrere Zauberstäbe durchzuprobieren, testet Harry Potter vielleicht einen Regenschirm, eine Halskette, einen Ohrring und ein Fernrohr (natürlich alles Handarbeit und edelste Materialien), bis er am Ende das richtige Artefakt in der Hand hält, mit dem er ab jetzt im Unterricht das „Wutschen und Wedeln“ üben wird.
Was wir im Endeffekt wählen, hängt von unserem Geschmack ab und auch ein wenig von der Story, die wir planen.
Weitere offene Fragen: Können Artefakte zwischen Magienutzenden ausgetauscht werden? Kann ein Artefakt, das nur eine bestimmte Fähigkeit hat, von einer anderen magischen Person genutzt werden als dem eigentlichen Besitzer oder der eigentlichen Besitzerin? Gibt es vielleicht lustige/unangenehme/schädliche Nebeneffekte? Können Artefakte, die ihrem Träger bestimmte Fähigkeiten verleihen, auch von nichtmagischen Personen genutzt werden? Sagt die Form/das Aussehen/die Farbe/… eines Artefakts etwas über die Person aus, der es gehört?
Falls ihr euch jetzt fragt, wo der Besen abgeblieben ist: Der Besen ist ein Artefakt mit genau einer Funtion: Fliegender Transport – daher habe ich ihn hier nicht noch zusätzlich aufgelistet … (auch, wenn ich definitiv sehr viel Spaß daran gehabt hätte.)
Im nächsten Beitrag in der „It’s A Kind of Magic“-Reihe geht es dann um Zaubersprüche!
Ihr wollt mehr zum Worldbuilding lesen? Dann schaut doch mal hier:
Worldbuilding – Der Anfang aller Magie (Teil I)
Worldbuilding – Sagen und Legenden (Teil I)
Worldbuilding – Die Sache mit den Prophezeiungen (Teil II)
Worldbuilding – Gott und die Welt erschaffen
Worldbuilding – Andere Welten, andere Völker
3 Gedanken zu “Worldbuilding: Zauberstab und co. (II)”
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